Interview mit Dr. Kristina Lakomek, Kooperationsnetzwerk SmartPro der Hochschule Aalen

Im Kooperationsnetzwerk SmartPro forscht die Hochschule Aalen an Lösungsansätzen für die gesellschaftlichen Herausforderungen »Klimaschutz« und »digitale Transformation«. Um Energieeffizienz und Ressourcenschonung zu verbessern, werden gemeinsam mit 60 Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft neue Materialien und Technologien für zukünftige Produkte erarbeitet. CampusSüd sprach mit Dr. Kristina Lakomek vom SmartPro-Managementteam.

Frau Dr. Lakomek, was ist Ihre persönliche Motivation, sich für Forschung im Bereich Klimaschutz bzw. konkret SmartPro zu engagieren?
Dr. Lakomek: »Meine Motivation, für SmartPro an der Hochschule Aalen tätig zu sein, ist die Mitgestaltung und Unterstützung angewandter Forschung. Man kommt hier mit Themen in Kontakt, die jeden Tag in der Zeitung stehen, die sehr aktuell sind und sowohl unser tägliches Leben als auch unsere Zukunft beeinflussen. Hier bin ich im Wissenschaftsmanagement tätig, also nicht mehr direkt in der Forschung. Dass Klimaschutz wichtig ist, ist bei den meisten Menschen präsent. Gleichzeitig möchten wir alle Lebensstandards halten. Eine Fragestellung hierbei ist für SmartPro dann, wie wir fortschrittliche Technologien umsetzen können, ohne unseren Planeten weiter immer stärker zu belasten. Wie können diese Technologien klimafreundlich werden? Das ist ein sehr breites und spannendes Feld.«

Wie integriert SmartPro Querschnittstechnologien wie die Additive Fertigung und Machine Learning in die Forschung zu Energiewandlern, Energiespeichern und Leichtbaukomponenten, um die Energieeffizienz und Ressourcenschonung zu verbessern? Wie kann so etwas konkret aussehen?
Dr. Lakomek: »Wir führen Forschungsprojekte durch, in denen Promovierende aus unterschiedlichen Bereichen zusammenarbeiten, etwa Materialwissenschaft und Ingenieurwissenschaften in Verbindung mit Informatik und Machine Learning. Durch die Kooperation dieser Bereiche entstehen ganz neue Möglichkeiten, Daten auszuwerten und dadurch Materialien weiterzuentwickeln. Dazu werden Batterien analysiert, unter anderem mikroskopiert. Eine große Menge an Bilddaten wird dann automatisiert mit Machine Learning ausgewertet. So können die Forschenden Defekte wie etwa Risse oder Fremdeinschlüsse erkennen. Ein Mensch könnte solche Datenmengen in diesem Umfang nicht auswerten. Im Anwendungsfeld Energiespeicher entstehen dadurch ganz neue Möglichkeiten, z. B. zur Optimierung bestehender Materialien
für Batterien oder zur Erhöhung der Sicherheit und der Qualität von Produkten. Wir ermöglichen eine längere Lebens- und Nutzungsdauer und eröffnen Möglichkeiten zum Recycling. Das Besondere an SmartPro ist, dass wir Menschen mit verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven erfolgreich zusammenbringen und auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Es geht darum, eine gemeinsame Sprache, ein gemeinsames Vokabular und damit ein gemeinsames Verständnis zu einem Thema zu vermitteln. Fachbereiche müssen die Perspektive anderer Bereiche einnehmen können, um effektiv miteinander zu arbeiten. Da wir dies in vielen Bereichen bereits umgesetzt haben, etabliert sich diese sehr fruchtbare Form der Zusammenarbeit sehr gut. Von der Forschungsstärke und interdisziplinären Kooperation profitieren dann auch viele Studierende bei uns: Weil die Hochschule Aalen sehr forschungsstark ist, gibt es viele Drittmittelprojekte und dadurch Möglichkeiten für Studierende, als Hilfskräfte anwendungsorientiert in den Forschungslaboren mitzuarbeiten. An aktuellen Fragenstellungen aktiv dabei sein zu können, halte ich für sehr wichtig in der heutigen, schnelllebigen Zeit. Es reicht häufig nicht mehr, lediglich auf dem Lehrbuchwissen von vor zehn Jahren aufzubauen. Unsere Lehre profitiert also dadurch ebenfalls. Die Studierenden erhalten hier hochaktuelles Fachwissen
und bringen es dann beim Wechsel von unserer Hochschule in die regionale und überregionale Wirtschaft mit, sodass sie direkt innovative Lösungen in der Industrie etablieren können: „Transfer über Köpfe“, wie man so schön sagt.«

„An aktuellen Fragenstellungen aktiv dabei  sein zu können, halte ich für sehr wichtig in der heutigen, schnelllebigen Zeit. Es reicht häufig nicht mehr, lediglich auf dem Lehrbuchwissen von vor zehn Jahren aufzubauen.“

SmartPro arbeitet mit 60 Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammen. Wie wird diese Zusammenarbeit organisiert und wie profitieren beteiligte KMUs und Global Player?
Dr. Lakomek: »SmartPro wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und zusätzlich durch die Industriepartner auch finanziell erst ermöglicht. Unsere Partner haben Zugriff auf Kompetenzen und Wissen der gesamten Community. Diese Partner sind meist nicht direkte Konkurrenten, sondern stehen in der Wertschöpfung an unterschiedlichen Stellen. Auf Projektwissen und Expertise anderer Bereiche zugreifen zu können, ist dann sehr wertvoll. Denn auch größere Unternehmen haben längst nicht immer alle Kompetenzen intern zur Verfügung. So können alle Beteiligten diese Kompetenzen und auch ihr Wissen ergänzen und im Rahmen von SmartPro längerfristig agieren, so dass sich zentrale Fragen der Forschungsbereiche klarer herauskristallisieren. Wir sprechen dabei von Technologie- und Wissenstransfer. Uns sind langfristige und strategische Partnerschaften wichtig. Darin sehen unsere Partner ebenfalls große Vorteile, da man dadurch Fragestellungen in die Tiefe erforschen kann und auch Detailfragen nachgehen kann.«

„Wir wären ein sehr rohstoffreiches Land, wenn wir es schaffen würden, vorhandene Rohstoffe so lange wie möglich im Kreislauf zu halten.“

Können Sie ein Beispiel nennen, wie durch SmartPro entwickelte innovative Materialien und Technologien zur digitalen Transformation oder zum Klimaschutz beitragen? Das Institut für Gebäude- und Energiesysteme (IGE) entwickelt nachhaltige Energiekonzepte und effiziente Gebäudetechnologien, die zur Reduktion des Energieverbrauchs beitragen.
Dr. Lakomek: »Wenn man es schafft, ein technisches Bauteil, z. B. eines Kraftfahrzeugs, durch Additive Fertigung und Leichtbaukonzepte leichter zu machen, spart man einerseits Ressourcen, andererseits aber auch Energie, wenn dieses Bauteil bewegt werden muss. Hier erreichen wir tatsächlich Materialeinsparungen bis in den zweistelligen Prozentbereich, ohne dass die mechanischen Eigenschaften beeinträchtigt werden. Ein anderer Punkt, der auch in den Medien immer wieder kursiert, beispielsweise im Diskurs um Elektromobilität und Energiewende, ist der Bedarf der Industrie an Seltenen Erden oder anderen kritischen Rohstoffen. Ein großes Forschungsthema ist bei uns daher der Bereich Magnetmaterialien – mit dem Ziel, weniger Rohstoffe zu benötigen. In den entwickelten neuen Werkstoffen und Recyclingverfahren liegen viele Innovationen der Zukunft. Nicht immer ist es einfach, Materialien nach der Nutzungsdauer wieder zu trennen und wiederzuverwerten. Man muss also den ganzen Kreislauf betrachten, und das möglichst bereits bei der Planung. Für den Industriestandort Deutschland ist das ein sehr
wichtiges Thema. Wir wären ein sehr rohstoffreiches Land, wenn wir es schaffen würden, vorhandene Rohstoffe so lange wie möglich im Kreislauf zu halten.«

 

Dr. Kristina Lakomek vom SmartPro-ManagemenTeam (© Annette Kenntner / Hochschule Aalen)