Prof. Dr. Andreas Mahr setzt sich stark für Forschung, Innovation und Transfer an der DHBW Heidenheim ein. Wir sprachen mit ihm über die Auswirkungen der Digitalisierung auf Bildungsanbieter und die Arbeitswelt.
Sie sind Prorektor Forschung und Dekan der Fakultät Technik an der DHBW Heidenheim und unter anderem verantwortlich für die Einführung neuer Bildungsangebote. Wie müssen Ihrer Ansicht nach aktuelle Bildungsangebote aussehen, wie bereiten Sie sich und Ihre Studierenden auf diese zukünftigen Herausforderungen und Chancen vor?
Prof. Dr. Mahr: »Die moderne Arbeitswelt ist in einem stetigen Wandel. Vor allem die Digitalisierung als Megatrend hat das Tempo von Veränderungen im Bildungs- und Arbeitsmarkt vervielfacht. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass aktuelle Bildungsangebote nicht nur eine hohe fachliche Tiefe und Praxisorientierung bieten müssen, sondern die Studierenden bestmöglich auf diese Veränderungen vorbereiten sollten. Wir setzen daher auf flexible Studienmodelle, innovative Lehrmethoden und digitale Tools. Frontalunterricht wird daher immer weniger, projektorientiertes Arbeiten immer wichtiger. Ein Beispiel hierfür ist die Studienrichtung Allgemeine Informatik: Die Studierenden arbeiten durchgehend an einem konkreten Projekt, welches jedes Jahr neu überdacht wird und das ihnen ermöglicht die einzelnen Entwicklungsschritte einer sicheren Software direkt umzusetzen. Sie können unmittelbar erleben, was funktioniert und was nicht. Ein weiteres wichtiges Element, das wir bereits von Anfang an fest in unser duales Studienmodell verankert haben, ist die enge Zusammenarbeit mit unseren mehr als 900 kooperierenden Firmen und Einrichtungen. Gemeinsam mit ihnen stellen wir sicher, dass unsere Studierenden alle erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, um erfolgreich in ihren zukünftigen Berufen zu sein. Auch über das eigentliche Studium hinaus bieten wir beispielsweise in Form von Masterstudiengängen und Workshops die Möglichkeit zum lebenslangen Lernen, fördern die interkulturelle Kompetenz durch Partnerschaften mit mehr als 80 Hochschulen weltweit und veranstalten im Studium Generale Kurse zu Themen wie Resilienz.«
„Die moderne Arbeitswelt ist in einem stetigenWandel. Vor allem die Digitalisierung als Megatrend hat das Tempo von Veränderungen im Bildungs- und Arbeitsmarkt vervielfacht.“
Wie sah Ihr eigener Weg in die Forschung und Wissenschaft aus, was war oder ist Ihr Antrieb?
Prof. Dr. Mahr: »Die Neugier auf Neues treibt mich seit meiner Jugend an. Ich sehe in der Wissenschaft die Möglichkeit, die Welt zu einer besseren zu machen. Dabei kann das Tempo nicht hoch genug sein, es gibt so viele Probleme, die dringend zu lösen sind. Die Informatik war und ist meine Leidenschaft. Nach meinem Studium in Medizinischer Informatik arbeitete ich an verschiedenen Stationen am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg, bevor es mich dann in die Lehre gezogen hat. Mein Arbeitsleben ist heute geprägt von sich ständig änderten Themen. Ich glaube fest daran, dass ich durch den Dialog und der Ausbildung junger Menschen einen Beitrag für die Gesellschaft liefern kann.«
„Ich sehe in der Wissenschaft die Möglichkeit, die Welt zu einer besseren zu machen. Dabei kann das Tempo nicht hoch genug sein, es gibt so viele Probleme, die dringend zu lösen sind“
Gibt es Ratschläge, die Sie jungen Menschen dazu gerne mit auf den Weg geben würden?
Prof. Dr. Mahr: »Derzeit ist die öffentliche Stimmung ja eher negativ geprägt. Das ist falsch. Es gibt noch so viel Neues zu entdecken und mit neugierigen, gebildeten und toleranten jungen Menschen sollten wir es doch schaffen, gemeinsam in eine durchweg positive Zukunft zu gehen. Es liegt an uns selbst, was wir aus unserem Leben machen.«
„Es gibt noch so viel Neues zu entdecken und mit neugierigen, gebildeten und toleranten jungen Menschen sollten wir es doch schaffen, gemeinsam in eine durchweg positive Zukunft zu gehen. Es liegt an uns selbst, was wir aus unserem Leben machen.“
Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen im Bereich Wissenschaft, Transfer und Innovation heute, auch im Bezug der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Region zwischen Alb, Allgäu und Bodensee?
Prof. Dr. Mahr: »Meiner Meinung nach gibt es mehrere Herausforderungen: Oft sind es begrenzte finanzielle Ressourcen. Es steht nicht ausreichend Geld zur Verfügung, um Forschungsprojekte und Innovationen zu finanzieren, was die Entwicklung neuer Technologien und Ideen hemmt. Ein weiterer Faktor ist der Fachkräftemangel, der uns in einer eher ländlichen Region besonders stark zu schaffen macht: Um innovative Ideen umzusetzen, werden gut ausgebildete Fachkräfte benötigt. Im aktuellen Studienjahr haben so viele Studienanfängerinnen und -anfänger wie nie zuvor bei uns ihr duales Studium begonnen. Das ist nicht nur ein Indiz für die große Beliebtheit des dualen Studiums, sondern zeigt uns auch, dass unsere Dualen Partner mehr denn je gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte für ihr Unternehmen bzw. ihre Einrichtung benötigen. Als weitere Herausforderung sehe ich die noch nicht komplett ausgeschöpfte Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Der Austausch zwischen den Unternehmen untereinander aber auch mit uns als Hochschule ist noch ausbaufähig. Wir sehen häufig, dass jeder sein Süppchen kocht, obwohl viele am selben Thema dran sind. Gemeinsam könnten noch viel bessere Lösungen entstehen. Hier müssen wir alle mehr miteinander denken.«
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um Innovationen an der DHBW Heidenheim zu fördern, und wie unterstützen Sie Studierende und junge Forschende dabei, innovative Ideen zu entwickeln und umzusetzen?
Prof. Dr. Mahr: »An der DHBW Heidenheim ergreifen wir verschiedene Maßnahmen, um Innovationen zu fördern und Studierende sowie junge Forschende zu unterstützen. Wir fördern beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Studiengängen und Disziplinen, um kreative Ideen zu fördern und innovative Lösungen zu entwickeln. So hat in der Vergangenheit zum Beispiel die Zusammenarbeit von sehr unterschiedlichen Bereichen wie Pflege und Informatik tolle Ideen hervorgebracht. Im Wirtschaftsingenieurwesen entwickeln die Studierenden jedes Jahr über mehrere Semester hinweg neue Ideen für Produkte und Dienstleistungen und integrieren dabei internationale Studierende. Darüber hinaus bieten wir Innovationswettbewerbe, Pitches und Hackathons an. Dadurch wollen wir die Kreativität und den Erfindergeist unserer Studierenden fördern. Insgesamt legen wir großen Wert darauf, eine dynamische und innovationsfreundliche Umgebung an der DHBW Heidenheim zu schaffen, in der Studierende und junge Forschende ihre Ideen entwickeln, testen und umsetzen können.«
Wie stellen Sie sicher, dass die Forschungsergebnisse in die Praxis umgesetzt werden, gibt es Kooperationen mit Industriepartnern oder anderen externen Institutionen?
Prof. Dr. Mahr: »Da muss ich fast etwas schmunzeln. Der Austausch von Theorie und Praxis ist die Kernkompetenz der DHBW. Da die Studierenden alle gleichzeitig bei einem Unternehmen oder einer sozialen Einrichtung angestellt sind, dort übrigens auch während ihres Studiums Geld verdienen, setzen die Dualen Partner die Ergebnisse von Projekt-, Studien- und Bachelorarbeiten unmittelbar in die Praxis um. Darüber hinaus arbeiten wir aber auch in Forschungsprojekten eng mit anderen Unternehmen und Institutionen weltweit zusammen.«